ILSE & CARMEN
Ilse Aichinger & Carmen Laforet
Eine Dankesrede
/ von Mariana Torres Burgos
Ilse Aichinger und Carmen Laforet waren zwei berühmte Schriftstellerinnen in ihren Ländern. Ilse kam aus Österreich und Carmen aus Spanien, aber beide Frauen sind im Jahre 1921 geboren. Und sie haben die Folgen des Bürgerkriegs ihrer Länder erlebt, den spanischen Bürgerkrieg 1936–1939 und den österreichischen Bürgerkrieg im Februar 1934.
Ilse Aichinger interviewt Carmen Laforet in Barcelona im Jahre 1944, weil Carmen Laforet der Nadal-Literaturpreis mit ihrem Roman „Nada“ gewonnen hat. Da sie verschiedene Sprachen sprechen, wurde das Interview auf Englisch geführt und wir haben es für Sie übersetzt.
Ilse Aichinger (IA): Hallo, Carmen! Ich bin sehr froh, dass ich dich interviewen kann. Es ist eine lange Reise von Österreich nach Barcelona gewesen.
IA: (lacht) Es sieht aus, als wärst du die Interviewerin und nicht ich. Ja, vielleicht, … aber zuerst möchte ich lieber über dich und dein Leben sprechen. Wann, denkst du, wurdest du Schriftstellerin?
CF: Als ich ein Kind war, möchte ich es immer, Romane zu lesen und von fantastischen Welten zu träumen. Als ich ein Kind war, tobte in Spanien ein Bürgerkrieg. Es war eine schwierige Zeit für alle. Ich bin in Barcelona geboren, aber wuchs auf den Kanarischen Inseln auf.
IA: Wow, du hattest also Glück, den spanischen Bürgerkrieg nicht zu erleben, weil du außerhalb der Iberischen Halbinsel bliebst?
CF: Genau, aber ich kam 1939 nach Barcelona zurück. Obwohl in diesem Jahr der Bürgerkrieg zu Ende ging, waren alle ruiniert, die Leute traurig und es gab viel Armut.
IA: Glaubst du, dass dir diese Situation mit einer Eingebung zu deinem Roman half?
CF: Bestimmt! Spanien war eine Katastrophe, aber es war auch die perfekte Zeit für uns Schriftstellerinnenen, über die Situation zu schreiben. Vor drei Jahren war meine Reise nach Madrid und es war meine Chance zu schreiben, weil ich in Barcelona nicht froh war und das Studium an der Uni mich nicht interessierte.
IA: Mit einundzwanzig entschiedest du dich dann, alleine in Madrid zu leben. Gab es eine Person, die dir geholfen hat?
CF: Ja, natürlich! Viele Menschen halfen mir, aber ich erinnere mich an Manuel Cerezos mit besonderer Zuneigung. Er war ein Journalist und Literaturkritiker in Madrid. Und er regte mich an, weiterzuschreiben. Und nach zwei Jahren schrieb ich „Nada“ und gewann damit diesen Nadal-Preis.
IA: Vielen Dank, Carmen, für alles, du hast mich sehr inspiriert. Ich habe einen Bürgerkrieg auch in Österreich erlebt und dein Beispiel ist für mich von großer Hilfe gewesen. Vielleicht beginne ich auch einen Roman darüber, was in Österreich nach dem Bürgerkrieg passierte.
CF: Ich wusste nicht, dass es in Österreich auch einen Bürgerkrieg gab. Wann war der Krieg?
IA: Er war 1934. Aber das war ein wichtiger Schritt für die Geschichte unserer Republik.
CF: Oh, ich verstehe. Es war eine schwierige Zeit für alle Europäerinnen und Europäer. Und es ist unsere Arbeit als Schriftstellerinnen, dass wir über all die Ungerechtigkeiten und Folgen für zukünftige Generationen schreiben.
IA: Genau! Es ist unsere Mission, mit den Romanen zu helfen, dass Leute aus früheren Fehler lernen.
CF: Ja, und jetzt bist du an der Reihe, einen Roman zu schreiben! Ich freue mich schon darauf, ihn zu lesen.
IA: (lacht) Ja, vielleicht. Du hast mich motiviert und ich finde es toll. Jetzt danke ich dir für das Interview und herzlichen Glückwunsch zu deinem Preis!
CF: Vielen Dank! Es war auch mir ein Vergnügen, dich kennenzulernen.
Carmen Laforet: Nada
Andrea ist die Protagonistin der Geschichte von Nada. Sie träumt von einem Leben voller Glanz in Barcelona, weil es eine große Stadt ist und sie 1944 aus einer kleinen Provinz nach Barcelona kam. Sie lebt mit ihrer Familie in Barcelona, aber alle sind traurig und erleben die Folgen des spanischen Bürgerkriegs. Andrea entdeckt am Ende, dass ihr Glück vielleicht nicht für immer ist.
Ilse Aichinger (1921–2016) war eine österreichische Schriftstellerin. Sie verarbeitete das Thema der Nachkriegszeit in ihrem einzigen Roman „ Die größere Hoffnung“(1948), deshalb trug sie elementar zur deutschsprachigen Nachkriegsliteratur bei.
Carmen Laforet (1921–2004) war eine spanische Schriftstellerin. Sie war die erste, die den Nadal-Preis (1944) für ihren Roman „Nada“ (1944) erhielt. Sie spielte eine wichtige Rolle in der Gesellschaft ihrer Zeit, weil sie mitten in der Diktatur eine Schriftstellerin war.
Editorische Notiz:
Zwei Frauen ist ein Literaturprojekt: Alle Texte hier sind fiktiv.
Die Texte orientieren sich an faktischen, historischen Gegebenheiten, um die Persönlichkeiten vorzustellen. Dennoch erheben sie weder journalistische noch wissenschaftliche Ansprüche der Gründlichkeit, sondern erlauben sich literarische Freiheit.